Wir haben in unserem neuen Produkt eine Ethernet Verbindung in die Außenwelt. Dort wird über eine RJ45 Buchse 100Mbit Ethernet von der Außenwelt ins Innere weitergegeben.
Ethernet im Normalfall
Normalerweise ist Ethernet eine Point-2-Point Verbindung zweier Geräte über ein Kabel. Das Kabel überträgt die Daten dabei galvanisch getrennt zu den Gerätespannungen. Daher könnne die Geräte in unterschiedlichen Stromnetzen betrieben werden und müssen kein gemeinsames Potential besitzen. Eine „normale“ Ethernet Schnittstelle ist unten abgebildet
Anforderungen
Die Signale des Netzwerks müssen in unserem Gerät zu den elektrisch leitfähigen Komponenten mit 1500V Spannungsfestigkeit isoliert werden. Die Netzwerkschnittstelle im Inneren des Geräts besitzt noch sechs Meter bewegte Leitung bis zur RJ45 Buchse an der Schnittstelle zur Außenwelt. Daher muss hier eine Lösung gefunden werden, die diese Isolierstärke entweder über die sechs Meter gewährlisten kann, oder die Isolierung muss bereits an der Stelle des RJ45 Steckers erfolgen.
Als zweite Herausforderung kommt hinzu, dass das Netzwerksignal zusätzlich zu anderen Signalen gemeinsam auf einer Leitung übertragen werden muss. Es liegt eine Leitung von der Anschlussstelle zur Netzwerkschnittstelle. Dazwischen befinden sich mehrere Trennstellen, an denen Komponenten des Geräts bei der Installation vor Ort zusammen gesteckt werden.
Das Kabel ist ein bewegtes Kabel und hat somit neben der elektrischen Anforderung auch noch eine mechanische Belastungen. Das von uns gewählte Kabel hat 12 Adern, von denen jeweils 2 als verdrillte Pärchen geführt sind und alle zusammen von einem Schirm umschlossen werden. Wir nutzen 4 der Leiter für 100Mbit Ethernet.
Die Herausforderung in der elektromagnetischen Verträglichkeit ist hier nicht die Funktion unter Störeinflüssen. Die werden dank der differenziellen Signalstruktur des Ethernets wenig gestört. Das Problem sind die abgestrahlten elektromagnetischen Wellen.
Wie oben bereits beschrieben sind die Ethernet-Signale galvanisch getrennt vom System und liegen somit schwebend in der Leitung. Umgeben sind sie dort von Signalen, die einen Bezug zu GND haben. Diese Sigtnale haben also eine elektrische Verbindung in das System hinein. Hier ist ein Aufnahme des abgestrahlten Spektrums mit aktivem Netzwerk Link.
Klar zu sehen ist, dass bei allen drei Messverfahren (Peak, Average, Q-Peak) die Granzwerte bei verschiedenen Frequenzen überschritten werden. Die kritischen Überschreitungen sind allerdings im unten Frequenzbereich. Hier können einige Maßnahmen durchgeführt werden um die Abstrahlung von EM-Wellen zu verringern.
Die schnelle, aber hier leider unwirksame Abhilfe würde ein Klapp-Ferrit schaffen. Dieser würde die Gleichtakt-Fehlerströme begrenzen, also Ströme, die entlang der Leitung in eine Richtung fließen. In unserem Fall hatte aber der Ferrit keinen Einfluss auf die abgestrahlte Störung. Es handelt sich wohl nicht um eine Gleichtakt-Störung. Ein weiterer Platz für Feritte ist innerhalb der Leitung um eine Gegentakt-Störung zu beseitigen. Hier wird eine Induktivität in jede Leitung eingebracht. Im unten gezeigten Schaltbild sind das die Bauelemente L906 – L909. Diese verschleifen die Schaltflanke der Signale und reduzieren dadurch die auftretenden Oberwellen des Signals.
Wie oben zu sehen ist, sind die Mittenabgriffe der beiden differenziellen Übertragungsleitungen NET_RD und NET_TD mit je einem Abschlusswiderstand (R903 und R904) verbunden und werden kapazitiv an den Leitungsschirm angebunden. Eine Verbindung von GND_ISO und GND ist vorgesehen, aber nicht bestückt.
Die Gegenstelle sieht wie folgt aus und besitzt ebenfalls einen Ethernet-Übertrager Baustein. Die Signale LAN_RX und NET_RX sowie LAN_TX und NET_TX sind über die sechs Metzer lange Leitung miteinander verbunden. Diese Leitung hat auf dem Weg drei Steckstellen an denen das Signal über eine Leiterplatte geführt wird.
Die TX+/- und RX+/- Signale gehen dann auf ein Ethernet PHY. Diese Art von Schaltung haben wir in unserer Anlage versucht nachzustellen. Es wurden die Abschlusswiderstände, die im RJ45-Stecker gezeigt sind auf der Baugruppe platziert und wie in dem Beispiel verschaltet. Dabei gehen die Mittelabgriffe der Transformatoren gegen den Abschlusswiderstand und gemeinsam über einen Kondensator gegen Schirm Potential. Die ungenutzten Verbindungen werden kurzsgeschlossen und ebenfalls über 75Ohm an das Schirm Potential gebracht.
Auf der Innenseite zeigt sich ein Ähnliches Bild, hier sind wir etwas anders vorgegenagen und haben die Abschlusswiderstände kurzgeschlossen, wie sie im ‚eingangsseitigen‘ Teil der Refernzschaltung zu sehen ist. Dieses Vorgehen hat allerdings zu den oben gezeigten Abstrahlverhalten geführt.
Lösung
Eine bessere Signalqualität und Elektromangetische Abstrahlung haben wir erreicht, indem die innen liegende Seite der Netzwerkschnittstellen hinter dem ersten Übertrager (nach der RJ45 Buchse) am Mittenabgriff komplett offen gelassen wurde. Das heißt die Widerstände R243 und R244 sind nicht bestückt, es gibt keine Verbindung zum Schirm der Leitung. Auf der anderen Seite des inneren Kabels ist die Schlatung ebenfalls ohne Abschlusswiderstand und nicht mit Schirm verbunden.
Diese Verschaltung ergab dann folgenden Messchrieb, ebenfalls mit aktivem Netzwerk:
Die blauen Rauten sind die endgültigen Q-Peak Messwerte, nach denen die Norm verlangt. Wir liegen also untehalb der in der Norm gewünschten Grenze von 30dBµV/m und das System ist bereit für die Zulassung. Eine Messung mit einem dedizierten LAN Kabel ergibt zwar ein komplett anderes Bild mit wesentlich weniger Abstrahlung. Aber wir haben leider kein Platz um ein eigenes Kabel zu legen. Für den aufmerksamen Leser ist hier noch anzumerken, dass die Nadel bei 93MHz nicht zum LAN gehört und auch bei gezogener Leitung bestehen bleibt. Das ist Baustelle Nummer zwei.